Nivin Anthony, Simone Berner und Dani Meier (v.l.n.r.) bilden auch in der Saison 20/21 den Trainer-Staff (Bild Andreas Suter).

Das Mise en Place ist perfekt

Nach dem Abstieg in die NLB führt neu ein Trainer-Trio Kloten-Dietlikons Unihockey-Männer. Im Gespräch mit dem „Zürcher Unterländer“ erklären die Drei, wie sie ticken, und was ein Filet im Teig mit den Jets zu tun hat.

(von Marisa Kuny, Zürcher Unterländer)

Mal angenommen, das Trainer-Trio der Jets würde für einmal nicht in der Halle, sondern gemeinsam in der Küche stehen und das Team bekochen. Was käme auf den Tisch?
Daniel Meier: Ein Filet im Teig. Das wäre ein Menü mit Symbolgehalt. Das Filet steht für den guten Kern, unser Team. Der Teig für die Schutzhülle, die wir Trainer sorgsam rundherum wickeln.
Simone Berner: Ich gehe davon aus, dass das Essen von Nivin und Dani scharf und pfeffrig daherkommt. Ich wäre darum für etwas Milde besorgt.

Und wie schaut die Arbeitsteilung aus?
Daniel Meier: Ich würde das Gemüse rüsten.
Simone Berner: Welches Gemüse? (lacht)
Daniel Meier: Es gibt doch sicher Gemüse.
Simone Berner: In Ordnung. Ich wäre dann die Springerin, vielseitig einsetzbar.
Nivin Anthony: Ich war bei Dani letzthin zum Essen eingeladen, und es hat ausgezeichnet geschmeckt. Darum würde ich ihm in der Küche den Lead überlassen.

Innerhalb des Trainerstaffs werden Sie das als Chefcoach wohl etwas anders handhaben.
Nivin Anthony: Kommt darauf an. Wenn das Filet die Offensive bedeutet, dann liegt die Führung auch hier bei Dani.

Dani Meier ist also für den Angriff zuständig. Und weiter?
Nivin Anthony: Grundsätzlich ist es so, dass Dani seinen Fokus auf die Offensive legt, ich kümmere mich um die Defensive, und Simone arbeitet mit den Spielern individuell. Da sie an den Auswärtsspielen nicht dabei ist, können wir dem Team so trotzdem die erforderliche Routine im Coaching garantieren.

Wie haben drei derart unterschiedliche Persönlichkeiten zusammengefunden?
Nivin Anthony: Den Anfang habe ich gemacht, indem ich unseren Sportchef Sascha Brendler im letzten Winter gefragt habe, ob Simone nach ihrem Rücktritt an der Bande der Frauen Interesse hätte, bei uns anzuheuern. Die Idee ist mir gekommen, weil ich im Trainer-Staff von Waldkirch-St. Gallen in der Saison 2017/18 mit der schwedischen Weltmeisterin Linn Lundström zusammengearbeitet und dies als sehr konstruktiv empfunden habe. Sascha sagte mir damals, das kannst du vergessen, Simone will nicht. Aber wie man sieht, ist es anders gekommen. Von Dani Meier wusste ich, dass er nach einer Auszeit gerne wieder mit einem Team arbeiten würde, seine langjährige Erfahrung war für uns sehr interessant.

Simone Berner, auch Sie bringen viel Trainererfahrung mit, haben bislang aber ausschliesslich Frauen trainiert, zuerst im Nationalteam, dann in Dietlikon und bei den Jets. Nun arbeiten Sie erstmals mit einer Männer-Mannschaft. Was ist anders?
Simone Berner: (lacht) Das ist die zweithäufigste Frage, die mir gestellt wird. Es gibt Unterschiede, ja. Diese werden aber eher aufgebauscht. Vieles davon kann man auch teamspezifisch erklären und auf die unterschiedlichen Charaktere zurückführen. Was mir aber tatsächlich auffällt, ist, dass Frauen etwas besser zuhören. Und sie fragen zuerst mehr nach, setzen das Gesagte dann aber richtig um. Die Männer sagen sofort: «Ja klar, verstanden», aber nur die Hälfte macht es beim ersten Mal tatsächlich korrekt.

Sie haben gesagt, die Frage nach den geschlechtsspezifischen Unterschieden sei die zweithäufigste, welche hören Sie noch öfter?
Simone Berner: Kannst du es nicht lassen?

Und, wie ist es?
Simone Berner: Es nervt. Diese Arbeit jetzt ist eine ganz andere Sache als mein Amt als Cheftrainerin bei den Frauen. Es ist eine neue Herausforderung, die mich aber weniger Präsenzzeit kostet, so wie ich mir das gewünscht habe. Ich bin nicht Trainerin, weil mein Leben ansonsten nicht ausgefüllt wäre. Ich bin Trainerin, weil diese Aufgabe einfach unheimlich spannend ist und ich in dieser Funktion viele interessante Leute treffe, die mich weiterbringen.

Einen besonderen Blick auf die Dinge haben auch Sie, Daniel Meier. 2015 sind Sie als Chefcoach der Jets-Männer abgetreten, nun sind Sie zurück bei Ihrem alten Verein, der inzwischen durch die Fusion mit den Frauen des UHC Dietlikon neu aufgestellt ist. Wie stark haben sich die Jets verändert?
Daniel Meier: Ausgesprochen stark. Die Situation ist nicht zu vergleichen mit vor sechs Jahren. Ich habe einen Verein im Umbruch angetroffen. Und die Entwicklung ist noch lange nicht zu Ende.

Sie werten das positiv.
Daniel Meier: Unbedingt. In diesem Verein kann man noch viel bewirken, es herrscht Aufbruchstimmung. Da ist die lange Erfolgsgeschichte der Frauen, die für ein positives Selbstverständnis sorgt. Und mir gefällt, dass der Nachwuchsbereich endlich jene Aufmerksamkeit bekommt, die er verdient. Bei den Jets lässt sich jetzt nachhaltig arbeiten.

Was hat schliesslich den Ausschlag für Ihr erneutes Engagement gegeben?
Daniel Meier: Meine zehnjährige Tochter. Sie hat gemeint, ich solle endlich wieder etwas machen.

Nivin Anthony, auch Sie können Vergleiche anstellen. Was unterscheidet die aktuelle Jets-Ausgabe vom letztjährigen NLA-Team, das den Abstieg nicht verhindern konnte?
Nivin Anthony: Der Charakter. Aber ich möchte hier weniger vergleichen denn herausheben, wie viele Spieler mit guter Werthaltung wir jetzt im Kader haben. Das sind Spieler, die in ihrer Karriere bereits viel ins Unihockey investiert, aber nicht so viel zurückbekommen haben. Ich spreche von Anerkennung und Verantwortung. Da ist zum Beispiel Yannick Steffen, er war jahrelang dabei, ist aber nie im Rampenlicht gestanden. In dieser Saison aber ist er zu einer Leaderfigur geworden. Und er erfüllt diese Rolle mit einer Demut, die dieses Teams ausmacht.

Daniel Meier hat vor Jahren einmal gesagt, die grösste Auszeichnung für einen Trainer ist, wenn die Mannschaft seine Handschrift trägt. Welche soll die aktuelle Jets-Equipe kennzeichnen?
Nivin Anthony: Unsere Stärke ist, dass wir erst einmal im Staff zu dritt alles durchgesprochen haben. Darum wird unser Team kaum je eine einzelne Handschrift tragen, sondern einen guten Mix.

Und wie schaut dieser aus?
Nivin Anthony: Unsere Ideen sind klar: Wir wollen die Spielkontrolle, wir wollen das Spiel mit Ball, und wir wollen taktisch flexibel sein. In der Nationalliga B sind wir momentan das einzige Team, das die Taktik variiert, und eines der wenigen, welche das Spiel immer aktiv gestalten wollen.
Daniel Meier: Wichtig war uns, dass die Mannschaft eine Selbstständigkeit entwickelt, die sich inzwischen darin zeigt, dass alle Spieler sehr konstant auftreten, das Spiel gut lesen und sich gegenseitig motivieren.

Die Jets führen die NLB-Tabelle an. Will man überhaupt etwas bemängeln, dann vielleicht den Umstand, dass noch zu vieles von den ausländischen Akteuren im Team abhängt, besonders vom finnischen Topskorer Teemu Suomalainen.
Nivin Anthony: Der Begriff Ausländer stimmt für mich in Zusammenhang mit Suomalainen und Co. nicht. Diese vier Spieler aus Schweden und Finnland sind zuvorderst einfach Zuzüge, die uns qualitativ bereichert haben. Sie sind gut integriert, ziehen sich nach den Spielen nicht in die «Söldnerecke» zurück. Ich werte es als sehr positiv, wenn Routiniers sagen, dass sie noch nie in einem so gut harmonierenden Team gespielt haben, aktuell gibt es keine Gruppenbildung mehr bei uns.
Simone Berner: Zudem ist es nicht so, dass wir alleine auf die ausländischen Verstärkungsspieler und Routiniers setzen können, dafür ist das Kader zu schmal. David Kissling, Sven Gisinger und Mischa Schmid sind junge Spieler, die viel Einsatzzeit bekommen.

Woran müsst Ihr noch arbeiten?
Nivin Anthony: Um beim Bild vom Kochen zu bleiben: Wir sind noch nicht mal mit der Vorspeise fertig.
Simone Berner: Das Mise en Place ist gemacht, alle haben jetzt ihr Plätzchen. Dadurch, dass so viele Spieler – nur sechs sind vom letztjährigen Team geblieben – und auch die Trainer neu waren, mussten wir uns zuerst finden. Für Detailarbeit hatten wir noch kaum Zeit.

Was für Ziele hat der Staff für diese Saison formuliert? Vom Wiederaufstieg will bei den Jets so schnell ja niemand sprechen.
Simone Berner: Also ich schon.
Nivin Anthony: Simone will gar nicht erst über das Verlieren nachdenken. (lacht)
Simone Berner: Es kann schon sein, dass ich aus einer anderen Kultur komme. Bei den Frauen in Dietlikon war immer klar, dass wir die Besten sein wollen.
Daniel Meier: Wir hatten diese Saison 16 Neuzugänge zu integrieren. Unter diesen Voraussetzungen kann man keine rein resultatorientierten Ziele nennen. Wir wollen mit diesem neu formierten Team an Haltung gewinnen, das gelingt uns gerade ganz gut.